mythen über fruchtbarkeit
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8 gängige Mythen über Fruchtbarkeit und den Menstruationszyklus 

Mythen über Fruchtbarkeit und den Menstruationszyklus reichen bis in die Anfänge der menschlichen Zivilisation zurück. Rund um den Globus wurden diese uralten Überzeugungen von Generation zu Generation weitergegeben, weshalb sich viele Missverständnisse bis heute hartnäckig halten! Wenn du derzeit Schwierigkeiten hast, schwanger zu werden, hast du wahrscheinlich schon einige dieser Ammenmärchen gehört, vermischt mit einigen nicht so hilfreichen Ratschlägen von wohlmeinenden Familienmitgliedern oder Freunden. Machen wir also Schluss damit und räumen mit 8 der gängigsten Fruchtbarkeitsmythen auf – mit Hilfe der neuesten und besten Erkenntnisse aus der Reproduktionsmedizin.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 1: Fruchtbarkeit ist nur eine „Frauensache“.

Die meisten alten Gesellschaften glaubten, dass die Macht der Schöpfung bei den Göttinnen liegt. Im Laufe der Zeit betrachteten die Menschen die Fortpflanzung als Aufgabe der Frau, und alle Probleme in diesem Bereich sind (du hast es erraten) die Schuld der Frauen. Aber wir sollten nicht vergessen, dass zur Zeugung eines Babys immer zwei gehören. Nach Angaben des American College of Obstetricians and Gynecologists sind 40 bis 50 % der Fälle von Unfruchtbarkeit auf männliche Faktoren zurückzuführen. Außerdem sind die Ärzt*innen in bis zu 30 % der Fälle nicht in der Lage, die Ursache zu finden. Der Kampf um die Fruchtbarkeit ist auch ohne Schuldzuweisungen schwer genug, also lassen wir diesen Mythos in der Vergangenheit – dort wo er auch hingehört.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 2: Männer haben keine tickende biologische Uhr.

Wie sich herausstellt, sind Frauen nicht die einzigen, die eine tickende Uhr haben, wenn es ums Kinderkriegen geht. Auch wenn es für einen Mann immer noch möglich sein kann, eine Partnerin bis ins hohe Alter zu schwängern, zeigt die Forschung, dass die Fruchtbarkeit des Mannes mit dem Alter tatsächlich abnimmt. Eine 2015 in der Zeitschrift Ageing Research Reviews veröffentlichte Auswertung von 90 Studien mit rund 94 000 männlichen Patienten ergab, dass die Samenqualität mit zunehmendem Alter abnimmt. Studien haben ergeben, dass bei Vätern, die älter als 40 Jahre sind, ein höheres Risiko für Schwangerschaftsverluste und gesundheitliche Probleme beim Kind besteht, darunter seltene Geburtsfehler, Autismus, Schizophrenie und Krebs, da zufällige genetische Mutationen im Sperma bei älteren Männern häufiger auftreten.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 3: Du kannst nicht schwanger werden, wenn du deine Periode hast.

Entgegen der landläufigen Meinung ist es tatsächlich möglich, zu jedem Zeitpunkt des Menstruationszyklus schwanger zu werden – auch während der Periode. Die Länge Ihres Zyklus und der Tag des Eisprungs können von Monat zu Monat variieren. Wenn du also einen kürzeren Zyklus hast, z. B. zwischen 21 und 24 Tagen, und deinen Eisprung zu einem frühen Zeitpunkt hast, kannst du gegebenenfalls trotzdem durch Sex während der Periode schwanger werden. Das liegt daran, dass Spermien im weiblichen Körper bis zu fünf Tage überleben können. Wenn deine Eierstöcke kurz nach dem Sex während der Periode eine Eizelle freisetzen, können also noch einige Schwimmer vorhanden sein.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 4: Der Eisprung findet am 14. Tag des Menstruationszyklus statt

Seit mehreren Jahrzehnten ist es allgemein anerkannt, dass der durchschnittliche Menstruationszyklus 28 Tage dauert und der Eisprung am 14. Die Zykluslänge und der Tag des Eisprungs können jedoch von Person zu Person und von Monat zu Monat variieren. Eine Studie aus dem Jahr 2020, die im Journal of Medical Internet Research veröffentlicht wurde und Daten von 1,5 Millionen Nutzern einer App zur Überwachung der Periode verwendete, ergab, dass nur etwa 16 % der Nutzer eine durchschnittliche Zykluslänge von 28 Tagen aufwiesen. Was also so lange als „durchschnittlich“ galt, ist vielleicht doch nicht so durchschnittlich. Um herauszufinden, wann du im Monat am fruchtbarsten bisz, solltest du deinen Zyklus mit einer App beobachten, täglich deine Basaltemperatur messen und/oder einen Ovulationstest machen.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 5: Fruchtbarkeit ist eine Frage der Genetik.

Es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass wenn es deiner Mutter leicht gefallen ist schwanger zu werden, das Gleiche auf dür dich gilt. Obwohl die Gene definitiv einen wichtigen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben, spielen auch andere Faktoren eine Rolle. Eine 2019 im Journal of Translational Medicine veröffentlichte Studie stellt fest, dass etwa 50 % der Unfruchtbarkeitsfälle auf genetische Störungen zurückzuführen sind, während die andere Hälfte auf andere Ursachen zurückzuführen ist. Eine geringere Ei- und Spermienqualität, eine eingeschränkte Eierstockreserve oder verstopfte Eileiter können bei jedem auftreten, unabhängig von der familiären Genetik. Nicht zu vergessen ist auch der Einfluss des Lebensstils auf die Fruchtbarkeit: Rauchen, Übergewicht, hoher Alkoholkonsum und schlechte Ernährung können die Entstehung einer Schwangerschaft erschweren.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 6: Die Verwendung hormoneller Verhütungsmittel über einen längeren Zeitraum schadet der Fruchtbarkeit.

Die Pille hat in den letzten Jahren einen schlechten Ruf bekommen. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass sie die Chancen auf eine Schwangerschaft verringern kann. Zum Glück ist das nicht der Fall. Verhütungsmittel schaden der Fruchtbarkeit nicht. Eine 2018 in der Fachzeitschrift Contraception and Reproductive Medicine veröffentlichte Auswertung von 22 Studien mit fast 15 000 Frauen ergab, dass 83 % der Frauen innerhalb von 12 Monaten nach dem Absetzen der Verhütungsmethode schwanger wurden und dass es keine negativen Auswirkungen gab, je nachdem, wie lange die Verhütung angewendet wurde. Auch Notfallverhütungsmethoden wie die „Pille danach“ haben keinen Einfluss auf Ihre Fruchtbarkeit. Es kann einige Monate dauern, bis dein Zyklus wieder so ist wie vor der Anwendung der Verhütungsmittel, was die Vorhersage des Zeitpunkts des Eisprungs erschweren kann, aber es ist durchaus möglich, so gut wie sofort nach Absetzen der Verhütungsmittel schwanger zu werden. Die einzige Ausnahme sind Hormonspritzen, diese können die Rückkehr der Fruchtbarkeit um bis zu einem Jahr hinauszögern.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 7: Wenn die erste Schwangerschaft problemlos verlief, wird es beim zweiten Mal genauso sein.

Leider ist das nicht wahr. Manche Paare können mit dem ersten Kind sehr leicht schwanger werden, aber wenn sie ihre Familie vergrößern wollen, stoßen sie auf Schwierigkeiten. Etwa 10 % der Menschen leiden unter sogennanter sekundärer Unfruchtbarkeit, d. h. sie haben Schwierigkeiten, nach einer erfolgreichen Schwangerschaft wieder schwanger zu werden. Dafür kann es viele Ursachen geben: Veränderungen des Alters, des Gewichts, der Medikamente oder des Lebensstils oder eine Schädigung durch die erste Schwangerschaft. Unabhängig davon, ob du Schwierigkeiten hast, dein erstes oder zweites Kind zu bekommen, wird empfohlen, eine/n Fruchtbarkeitsspezialist*in aufzusuchen. Laut WHO wird empfohlen das nach 12 Monaten zu tun, wenn du unter 35 bist, und nach sechs Monaten, wenn du über 35 bist.

Fruchtbarkeitsmythos Nr. 8: Bestimmte Sexstellungen und ein Orgasmus erhöhen die Chancen auf eine Empfängnis.

Vielleicht hast du schon einmal gehört, dass die Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden, größer ist, wenn du einen Orgasmus hast, oder dass es bestimmte Sexstellungen gibt, die die Empfängnis erleichtern. Auch wenn ein Orgasmus schön ist, hat er wohl keinen Einfluss auf die Empfängnis, das haben Wissenschaftler festgestellt. Nach der Ejakulation werden etwa 300 Millionen Spermien freigesetzt, die sich auf den Weg zur Eizelle machen. Nur etwa 200 von ihnen schaffen es bis dahin, und zwar innerhalb von 15 bis 45 Minuten nach der Ejakulation. Ob du einen Orgasmus hast oder nicht und in welcher Stellung du ihn hast, hat keinen Einfluss auf diesen Prozess. Das Gleiche gilt für die Position, in der du dich nach dem Sex befindest. Es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass Spermien im Liegen, mit hochgelegten Beinen oder sogar im Kopfstand leichter den Weg zur Eizelle finden, aber das ist wissenschaftlich nicht belegt.

Und so haben wir 8 gängige Mythen entlarvt und mit ihnen aufgeräumt. Um deine Kinderwunschreise selbst in die Hand zzu nehmen und die besten Entscheidungen in Bezug auf deine reproduktive Gesundheittreffen kannst, ist es wichtig, Wissen zum Thema Fruchtbarkeit und Empfängnis zu sammeln. Wir veröffentlichen ständig neue, medizinisch begutachtete Artikel über Schwangerschaftsthemen. Im LEVY-Blog findst du weitere Artikel, um dir solches Wissen anzueignen.

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Sources:

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